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Als Badewannen segeln lernten

Manöver-Klo, zu sehen in der Ausstellung 'Intime Zeugen' / Bundesmobilienverwaltung, Foto: Edgar Knaack

Ausstellung: Intime Zeugen. Vom Waschtisch zum Badezimmer - Bis 22.1.2012 / Hofmobiliendepot • Möbel Museum Wien, Andreasgasse 7, 1070 Wien

Das Badezimmer avanciert zum Alleskönner – je kompletter, je umweltschonender und je schöner, desto besser. Aber nicht immer war das Plantschen in der Wanne ein so erfrischendes Erlebnis wie heute. Eher schweißtreibend. Zum Glück sieht die Zukunft anders aus. / Barbara Jahn

Es ist noch gar nicht so lange her, dass eine Waschgelegenheit im privaten Haushalt sesshaft wurde. Bis weit in das 19. Jahrhundert war Körperreinigung nämlich nur mit mobilen Gerätschaften möglich, die in ihrer Funktion teilweise genauso kurios waren wie in ihrem Aussehen. Gut, den Nachttopf kennt man ja, er findet auch heute noch seine Verwendung bei ganz Jung und ganz Alt. Auch der Begriff Waschtisch, der aus dieser Zeit her rührt, ist noch nicht aus der Mode gekommen. Und schließlich hat sich die Form der Badewanne, der Toilette und des Bidets auch nicht gravierend geändert. In gut situierten Haushalten wurde das Personal für den An- und Abtransport des Wassers sowie die Entsorgung der Fäkalien bemüht, für die Hofdamen am Hof König Ludwig XIV. entwickelte man sogar eigene Damennachttöpfe, die so genannten Bourdaloues, die so manche endlose Predigt des Jesuitenpaters Louis Bourdaloue trocken überstehen ließen. Sehr wohl verändert haben sich neben den Gepflogenheiten aber die Materialien: Ein WC aus Nussbaumholz, die Waschgarnitur aus kunstvoll gestaltetem Silber und ein Spucknapf aus Porzellan bis hin zur kompletten Zimmerretirade – all das gibt es heute nur noch im Museum zu sehen wie derzeit im Wiener Hofmobiliendepot in der Ausstellung „Intime Zeugen. Vom Waschtisch zum Badezimmer“.

Licht, Musik, Aroma und Komfort
Mit der Entwicklung kommunaler Wasserleitungen und Kanalsysteme hielt das Badezimmer als fixer Bestandteil schrittweise Einzug in die Wohnungen. Teilte man sich über viele Jahrzehnte die berühmte Gangtoilette neben der Bassena, so holte man doch sehr rasch das nach, worüber heute keiner mehr nachdenkt: Ein eigenes
Badezimmer und eine eigene Toilette. Vielmehr liegt der Fokus heute auf der puristischen Gestaltung und auf dem sparsamen Umgang mit Wasser. Der Anspruch der Benutzer steigt in jeder Hinsicht: Man will Eindrücke aus den Wellnessresorts auch zuhause erleben in Form von Licht, Musik, Aroma und Komfort. Dadurch sind Multifunktionskabinen auf dem Vormarsch, die vielleicht den Komfort einer Badewanne nicht erfüllen, jedoch den einer Luxusdusche und Dampfkabine, vielleicht sogar mit einem entspannenden Meeresrauschen im Hintergrund. Im Zuge dessen wirft sich auch gleich die Platzfrage auf. Tendenziell werden heute den Badezimmern wesentlich mehr Quadratmeter zugeteilt, um richtige Wohlfühloasen zu schaffen. Dabei springt eine Entwicklung ganz besonders ins Auge: Schlafzimmer und Badezimmer verbinden sich vom Konzept her immer mehr zu einer Einheit, ähnlich wie es beim Koch- und Wohnbereich der Fall ist. Ein verführerischer Gedanke, das Raumgefüge eines Designhotelzimmers auch zu Hause vorzufinden. Die Praxis zeigt aber, dass zwei Räume, die unterschiedlich temperiert werden
müssen, nicht in einem Luftraum koexistieren können. Das bedeutet, dass wenigstens ein Trennelement vorhanden sein muss – sei es der begehbare Schrankraum oder nur eine Glasscheibe.

Sinn und Sinnlichkeit
Bei den Armaturen liegen berührungslose Produkte im Trend ebenso wie solche, die sich über Berührungssensoren und mit einem Lichtleitsystem bedienen lassen. Sie sollen leicht erfassbar sein und intuitiv benutzt werden können, insbesondere da es sich um einen Raum handelt, den man meist müde aufsucht oder an dem man gar nicht nachdenken will. Entspannung ist angesagt, in Gedanken versunken und am besten mit sich alleine. Während der Kunde gerne das in Anspruch nimmt, was moderne Badkonzepte versprechen, sind Designer und Hersteller in höchstem Maße gefordert, Ausgewogenheit herzustellen. In Hinblick auf drohende Wasserknappheit, aber auch um der Verknappung des Wohnraumes zu begegnen, entstehen Bäder, die dem gestalterischen Minimalismus zu einer neuen Blütezeit verhelfen: Schlanke Armaturen, Toiletten, die nach japanischem Vorbild auch gleichzeitig das Bidet ersetzen, gepaart mit raffinierter Kompaktheit von Stauraum, der nicht fehlen darf. Dazu gesellt sich ein die Sehnsüchte befriedigender Aspekt durch den formalen Zugang: Waschbecken, die wie ein von Wasser gehöhlter Stein aussehen, traditionelle Akzente, die an Waschzuber erinnern, oder Landschaften, die das Element Wasser in seiner Klarheit und Reinheit betonen.

Kunst-Stoffe
Um sich vom einstigen Nasszellen-Charakter noch stärker loszusagen, das klinische Weiß keramischer Fliesen ein wenig über Bord zu werfen und dem Ganzen einen frischen Touch zu verpassen, gibt es gerade in den letzten Jahren mutige Entwicklungen bei Materialien und Farbe, die noch kurz zuvor undenkbar gewesen werden. Zum einen wird immer mehr Holz eingesetzt, das nun auch die widerstandsfähigsten Skeptiker überzeugt hat, dass es auch mit Wasser kann. Aber auch zahlreiche neue Werkstoffe haben den Sanitärmarkt erobert wie zum Beispiel das thermisch verformbare, aus polymeren Acrylen bestehende Corian, ultraleichtes, harzbeschichtetes Titanium, das weich zu verarbeitende Polyethylen, dessen permanente Elastizität den ergonomischen Anforderungen und Ansprüchen enorm entgegenkommt, sowie Parapan, eine thermoplastisch verformbare, wasserresistente Hochglanzplatte, die umweltfreundlich, recycelbar und lösungsmittelfrei hergestellt wird. Oder der matt glänzende Mineralguss Cristalplant mit haptisch weicher Oberfläche. Diese und auch andere haben das Erbe des klassischen Emails angetreten und sind mindestens genauso unverwüstlich, vielleicht sogar noch etwas resistenter. Ganz jung ist zum anderen ein verstärkter Farbtrend, der vor einiger Zeit zaghaft, wenn auch mutig, mit Schwarz begonnen hat und sich nun auch sowohl bei den Badmöbeln, aber insbesondere bei den Armaturen auch ins kräftige Orange oder in ein sattes Rot, vielleicht aber auch in ein selbstbewusstes Grün vorwagt.
Barrierefrei
Der neu definierte Raum der Sinne hat aber auch zukünftig die Aufgabe, Altersgrenzen zu überwinden. Die Generation 50+ hat sich ebenfalls gewandelt und will auf gutes Design absolut nicht verzichten. Deshalb geht das Denken der Gestalter verstärkt in Richtung größerer Einstieg, breitere Kanten und neue Höhen bei den Badmöbeln. Vielleicht ist gerade auch sie das Zielpublikum für einen Trend, der das Design längst vergangener Epochen – reichend vom 18. Jahrhundert bis in die Siebziger Jahre – noch einmal aufflackern lässt. Gemeint sind natürlich nicht hölzerne Badezuber und praktische Ausziehwannen à la Edmund Sackbauer, sondern elegante Erscheinungen in Form von Ohrensessel-förmigen, freistehenden Badewannen und filigranen Waschtischen oder den einfach klassischen Armaturen von Arne Jacobsen. Der schrittweise Wandel vom mobilen Hygienemöbel zum fix installierten Badezimmer ist zwar vollzogen, aber die Entwicklung geht weit über den Badewannenrand hinaus: Von der öffentlichen Tröpferlbadanstalt über die mikroskopisch kleine Nasszelle oder Duschecke in der Küche bis zu gigantischen Ausmaßen eines eigenen Zimmers mit etlichen Quadratmetern Fläche, das sich heute „private Wellnessoase“ nennt. Wie auch immer: Das Bad ist konsequent der privateste Raum geblieben und damit auch am stärksten dem individuellen Geschmack vorbehalten, über alle Serienabmessungen hinaus. Und das gilt heute mehr denn je. Das Badezimmer definiert sich völlig neu – egal, ob es nun völlig modern angelegt ist, oder ob es einen kleinen Seitensprung in die Vergangenheit andeutet. Denn auch von ihr kann man – wie man sieht – einiges lernen.

www.bette.de

www.burgbad.de

www.duravit.de

www.geberit.de

www.grohe.at

www.hansgrohe.at

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www.rapsel.at

www.de.toto.com

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www.vola.com

www.zucchettikos.com

 

www.hofmobiliendepot.at

 

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