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America first – Europe united?

ALUKÖNIGSTAHL
Stefan Grüll: „Die USA sind direkt und indirekt ein wichtiger Absatzmarkt für österreichische Technologie und Produkte.“
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Der Handeslstreit zwischen den USA und der restlichen Welt treibt seltsame Blüten. Um sich gegen die Vergeltungszölle von EU, China, Kanada und einigen anderen Ländern zur Wehr zu setzen, haben die USA nun Beschwerde bei der Welthandelsorganisation (WTO) eingelegt. Rund 5 Prozent der heimischen Stahlerzeugnisse gehen in die USA. Damit sind Stahl und Aluminiumprodukte im Wert von 500 Millionen Euro betroffen. Wie die Zölle die österreichische Wirtschaft beeinflussen könnten, welche Auswirkungen sie auf welche Firmen haben werden und ob eine solche Maßnahme überhaupt Sinn macht, erklärt Mag. Stefan Grüll, Managing Director Steel Division von Alukönigstahl, im Interview.

Schutzzölle: Wie wirkt sich die Maßnahme des amerikanischen Präsidenten in der Praxis in Österreich aus? Von welchem wirtschaftlichen Gesamtschaden gehen Sie aus?
Mag. Stefan Grüll: Generell führt diese Maßnahme für österreichische Hersteller natürlich zu Nachteilen. Deren Exporte sind mit Einfuhrzöllen zusätzlich belastet.

Die EU und auch China schlagen zurück: Fast wöchentlich kontern sie mit Gegenmaßnahmen. Wo führt das hin, welcher Schaden könnte hier den Welthandel betreffend angerichtet werden?
Grüll: Eine Abkehr vom Freihandel und eine Reduktion des globalen Wachstums. Politische Konflikte sind in der Folge oft eine gefährliche Konsequenz aus protektionistischen Maßnahmen.

Finden Sie diese Gegenmaßnahmen gerechtfertigt?

Grüll: Unbedingt. Ich bin überzeugt, dass wir hier als Europa richtig agiert haben. Man hat beim letzten Treffen zwischen Jean-Claude Junker und Donald Trump auch gesehen, dass man nur durch entschlossenes Handeln als Verhandlungspartner auf Augenhöhe bleibt.

Kann diese Maßnahme des US-Präsidenten dazu führen, dass Stahl- und Aluminiumprodukte durch andere Materialien ersetzt werden?

Grüll: Das Preisniveau in den USA ist seit Einführung der Schutzzölle massiv gestiegen, es ist denkbar, dass damit Stahl zum Beispiel im Baubereich von Fall zu Fall durch andere Materialien ersetzt wird. In anderen Branchen gibt es hier weniger Möglichkeiten. Ich glaube an die Werkstoffe Stahl und Aluminium, selbst in einer Zeit belastender Schutzzölle.

Welche sind die Konkurrenzfirmen auf dem amerikanischen Markt? Können diese die österreichischen Produkte 1:1 ersetzen?

Grüll: Lokale Hersteller. Durch die hohe Spezialisierung der österreichischen Produzenten fehlen allerdings in vielen Fällen lokale Alternativen; sprich, die Produkte werden weiterhin benötigt und importiert.

Internationale Experten schätzen, dass die Stahlimporte in die EU infolge der US-Strafzölle zumindest um ein Drittel steigen werden. Denken Sie, dass das stimmt, und welche Auswirkungen sind zu erwarten?

Grüll: Hier hat die Europäische Union Gott sei Dank rasch und entschlossen reagiert: Mit 17. Juli wurden Safeguard-Maßnahmen im Wege einer Durchführungsverordnung für alle Mitgliedsstaaten erlassen. Für das Jahr 2017 wurden auf Basis der durchschnittlichen Importe der letzten drei Jahre Einfuhrkontingente festgelegt. Sind diese erfüllt, werden weitere Importe mit 25 Prozent Zoll belastet. Drohende Umlenkungseffekte sollten dadurch unter Kontrolle sein.

Welche Veränderungen könnten für AluKönigStahl damit Hand in Hand gehen oder rechnen Sie mit wenig Auswirkung auf Ihr Unternehmen?

Grüll: Die europäischen Safeguard-Maßnahmen und Importbeschränkungen für den Stahlbereich werden zu einem steigenden Preisniveau führen – darauf müssen wir uns und unsere Kunden einstellen.

Ein weiteres Problem sind eventuell auch die Strafzölle für China: Alle heimischen Firmen, die in China produzieren und in die USA importieren, sind dadurch natürlich auch betroffen ... Wie könnte sich das für Österreich auswirken?

Grüll: Die USA sind direkt und indirekt ein wichtiger Absatzmarkt für österreichische Technologie und Produkte. Weitere Handelshemmnisse – auch zwischen China und den USA – wirken sich somit mit Sicherheit auf heimische Unternehmen aus.

Was wäre die bessere Alternative zu Schutzzöllen und entsprechenden Gegenmaßnahmen, die eventuell sogar einen Handelskrieg auslösen könnten: Gibt es Alternativen?

Grüll:
Aus der Sicht von Donald Trump: die in den USA ansässigen Stahl- und Aluminiumproduzenten in ihrer Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern. Hier gibt es enormen Nachholbedarf.

History repeats itself? Schon 2002 hat George W. Bush Stahlimporte mit Zöllen bis zu 30 Prozent belegt. Diese wurden durch die Welthandelsorganisation (WTO) wieder abgeschafft. Sollte man diesen Weg wieder gehen?
Grüll:
Das ist diesmal nicht so einfach bzw. gar nicht möglich. Die Schutzzölle basieren rechtlich auf der Section 232 und sind mit der Wahrung der „National Security“ begründet. Hier fehlt der WTO eine direkte Handhabe.