Die geschichtliche Entwicklung des Daches reicht weit zurück. Vor etwa 14.000 Jahren begannen Jäger und Sammler, pultdachähnliche Gebilde aus Stangen und Rundhölzern zu bauen. Die Dach bestand dabei aus Gras, Heidekraut oder Fellen. Einige Jahrtausende später errichteten die Menschen Behausungen in eingetieften Gruben mit Satteldächern.
Im Laufe der Zeit entwickelten sich Behausungen mit senkrechten Wänden und die Grubenvertiefung verlor immer mehr an Bedeutung. Satteldächer sowie Walmdächer dienten dem Schutz dieser Häuser. Die regionalen Unterschiede der Dachformen, und damit der Architektur, wurden stets auch vom Holzvorkommen bestimmt.
Vom 13. bis zum 16. Jahrhundert fand eine rasante Entwicklung in der Konstruktions- und Bautechnik statt. Nach dem 13. Jahrhundert gewannen Häuser aus Stein immer mehr an Bedeutung. Das bis zu dieser Zeit konstruktiv schwerfällige Sparrendach wurde im 17. Jahrhundert vom Pfettendach abgelöst und hundert Jahre später kam das Mansarddach hinzu. Kurze Zeit später und durch das ganze 19. Jahrhundert hinweg entwickelte sich eine Vielfalt an Dachformen: am Anfang das Steildach, später flach geneigte Dächer und das Flachdach.
Flachdächer findet man traditionell besonders in trockenen, warmen Siedlungsräumen, das geneigte Dach dagegen in Gegenden, die feuchten und wechselnden Witterungseinflüssen ausgesetzt sind. Das flache Dach wurde ursprünglich nicht ausschließlich als reiner Witterungsschutz genutzt, sondern diente zugleich als Aufenthaltsbereich, Wassersammelstelle, Verschattung oder Aussichtsplattform – wie etwa bei den Pueblos in Nordamerika. Das Steildach diente hingegen zunächst als geneigte Ebene, mit der Regenwasser leicht abgeführt werden konnte, und später als zusätzlicher Schutz vor Feuer. Diese Dachform war ursprünglich vor allem in den intensiv klimatisch geforderten Kulturregionen im Norden und Süden Europas und in Asien (China, Japan) anzutreffen, später auch in Südamerika. Dort wurde sie vor allem an Kirchen- und Sakralbauten umgesetzt.
Der Bruch mit dem Steildach
Nach dem Ersten Weltkrieg kam das Flachdach in Europa und den USA in Mode. Vertreter der Moderne propagierten es als Bruch mit althergebrachten Bautraditionen, und spätestens ab den Sechzigerjahren war es in der Einfamilienhausarchitektur alternativlos. Abgesehen vom ideologischen Hintergrund haben Flachdächer Vorteile gegenüber geneigten Dächern mit Dach-
deckung: ein geringes Eigengewicht der Dachhaut, erweiterte Nutzungsmöglichkeit, Belichtungsmöglichkeit für innen liegende Räume und gestalterische Freiheit im Grundriss (auch für spätere Erweiterungen). Auch Flachdächer sind allerdings nicht gänzlich flach: Sie müssen zumindest eine geringfügige Neigung (bis 5° in Österreich) aufweisen, damit Regenwasser ablaufen kann. Als oberste raumabschließende Geschoßdecke der Flachdachkonstruktion werden meist Stahlbetonmassivplatten eingesetzt. Flachdächer werden als Warmdach (nicht belüftetes Dach), als Kaltdach (belüftetes Dach) oder auch als Umkehrdach mit außen liegender Wärmedämmung ausgeführt.
In den letzten Jahren ist jedoch ein Trend in der Einfamilienhausarchitektur zu bemerken: Das Steildach ist nicht mehr böse. Es kann, neu interpretiert, auch in der modernen Architektur seinen Platz finden. Es kann zeitgemäß interpretiert werden, mit großzügigen Fensterbändern übereck kombiniert, und eröffnet im Gebäudeinneren in Verbindung mit einem Galeriegeschoß offene Dachräume mit interessanten Perspektiven. Auch Steildächer in Beton sind eine Option.
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