Im Maßstab den Kindern angepasst, ohne kindlich zu sein – so wünschte sich die Bildungsabteilung der Stadt Graz die neue Volksschule in Andritz, dem flächenmäßig größten Stadtteil der steirischen Hauptstadt. Den von der Grazer Stadtbaudirektion ausgelobten Wettbewerb gewann im Jänner 2019 das Wiener Architekturbüro Hillinger Mayerhofer mit einem für die Jury schlüssigen und überzeugenden Entwurf, der ein hohes Maß an funktionaler Flexibilität sowie spannende räumliche Beziehungen bildet und der Schule einen unverwechselbaren Charakter verleiht.
Den städtebaulichen Vorgaben und dem Verkehrskonzept folgend, ist der zweigeschoßige Baukörper an der nordseitigen Grundgrenze positioniert. Die Situierung des großzügig überdachten Hauptzugangs bietet ausreichende Aufenthaltsflächen für die Schülerinnen und Schüler. Der Eingangsbereich ist auch der Treffpunkt vor Schule und Sporthalle und schafft die wichtige Verbindung zwischen innen und außen, Schul- und näherem Stadtraum. Die neue Volksschule ist auf zwei oberirdischen Geschoßen als transparente und offene Anlage konzipiert, im Untergeschoß befindet sich die Sporthalle mit Nebenräumen. Das Bindeglied ist die halböffentliche, verglaste multifunktionale Aula, die den Blick hinunter auf die Spielfläche des Turnsaals freigibt und einen Durchblick durch das gesamte Gebäude bietet. Der Aula angeschlossen sind im Erdgeschoß die Bibliothek mit variabler, modularer Leselandschaft, die Räume der Ganztagsschule mit vorgelagerten Freibereichen, Besprechungs- und Lehrerzimmer unmittelbar beim Schuleingang.
Kindgerecht, ohne kindlich zu sein
Neubau Volksschule Graz-Andritz / Hillinger Mayrhofer Architekten
Drei Stiegenhäuser mit Oberlichten führen zu den vier Clustern ins Obergeschoß. Sowohl die Anordnung aller Cluster im Obergeschoß als auch die Möglichkeit der Verbindung der Cluster untereinander erlauben kurze Wege, klare Sichtbeziehungen und weitestgehende Flexibilität.
Das Raumkonzept trägt aktuellen pädagogischen Konzepten Rechnung, indem die Clusterschule flexibel nutzbare, großzügige Raumeinheiten mit vielen Außenbezügen bietet. Im Obergeschoß sind Klassen-, Gruppen- und Erschließungsräume verwoben und können auch eine eigene, der Lernlandschaft zugeordnete, atriumförmige Terrasse nutzen.
Von jeder Lernlandschaft, den sogenannten Marktplätzen, sind alle anderen Bereiche zugänglich. Die Lernlandschaft ist somit das zentrale Element jedes Lernclusters und hält Balance zwischen nötiger Intimität bei weitgehender Offenheit. Unterschiedliche Lichteinfälle ermöglichen über die verglasten Lernräume, die Atrien und die zeltförmigen Oberlichten vielfältige Raumstimmungen. Jede Clustereinheit bündelt vier Klassenzimmer, die sich zur zentralen Lernlandschaft mit Bereichen für Gruppenarbeit und Entspannung öffnen. Zusätzlich werden die Lernlandschaften räumlich durch einen pyramidenartigen Dachaufbau betont und über das Oberlicht blendfrei ausgeleuchtet. Alle Klassenräume, Gruppenräume und Lehrmittelräume nehmen Bezug zum Außenraum und werden natürlich belichtet und belüftet. Klassische Verkehrsflächen und Gänge entfallen. Erschließungsflächen sind auf ein Minimum reduziert.
Das Energiekonzept beruht einerseits auf der passiven Optimierung des Gebäudes. Die Energieversorgung erfolgt über Geothermie mit Tiefensonden, zusätzlich befindet sich eine Photovoltaikanlage am Dach. Die Baustoffe wurden mit Berücksichtigung der CO2-Emission durch Herstellung, Transport und Rückbau ausgesucht. So wurden HFKW-freie Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen verwendet, PVC für Fenster, Türen und im Innenausbau gibt es nicht.
Projekt
Neubau Volksschule Andritz, Stattegger Straße 26, 8045 Graz-Andritz
Bauherr
Stadt Graz, vertreten durch die Abteilung für Bildung und Integration
Architektur
Hillinger Mayrhofer ZT GmbH, Wien
Tragwerksplanung
IKK Engineering GmbH, Graz
Bauphysik
Vatter & Partner ZT GmbH, Gleisdorf
Brandschutz
Wörle Sparowitz Ingenieure ZT GmbH, Graz
Haustechnik
TB Pechmann, Kumberg
Elektrotechnik
Busz GmbH, Grazw
Projektdaten
Grundstücksfläche: 7327 m²
Bebaute Fläche: 2858 m²
Nutzfläche: 4317 m²
Bruttogeschoßfläche: 4942 m²
Projektablauf
Wettbewerb 01/2019
Planungsbeginn 04/2019
Baubeginn 10/2020
Fertigstellung 06/2022
Materialien
Außenwände: Stahlbeton
Fassade: hinterlüftete Holzfassade Weißtanne vorvergraut (Rema)
Wärmedämmung: mineralisch
Dach: Prefa
Fenster/Türen: EG: Pfosten-Riegel-Konstruktion Alu
OG: Holz/Alu (Wicona, Velux)
Innentüren: Holz
Bodenbeläge: Kautschuk (nora systems)
Sanitärgegenstände: Laufen
Aufzug: Schmitt + Sohn
Wettbewerbsdokumentation
ARCHITEKTURJOURNAL / WETTBEWERBE 2/2019 (343)
Der Artikel als PDF
- Architekt DI Heinz Anglberger
- Feyferlik / Fritzer