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Lebendiges Freiluft-Wohnzimmer

Alle Fotos: © David Schreyer
Alle Fotos: © David Schreyer

Quartiersentwicklung Campagne Reichenau, Baufeld 1, Innsbruck / Bogenfeld Architektur

Zwischen April und September 2016 ent­wickelten die Büros Futura Frosch mit MET-Architektur, Lainer & Partner mit Spath sowie Mutschlechner mit Stadtlabor einen kooperativen Masterplan für das Campagne-Areal im Innsbrucker Stadtteil Reichenau. Die Stadt Innsbruck lobte daraufhin im Jahr 2017 mit der IIG (Innsbrucker Immobilien GmbH) und dem Wohnbauträger NHT (Neue Heimat Tirol) einen offenen, europaweiten Architekturwettbewerb aus, den Bogen­feld Architektur gewannen.
Der Masterplan schlug kompakte, plastisch geformte Stadtkörper mit spezifisch geformten öffentlichen Zwischen- und Freiräumen vor, die durch den Architekturwettbewerb in Raumorganisation und Raum­milieus differenziert wurden. Das überhohe Erdgeschoß sollte nutzungsoffen einem belebenden Austausch einer zu entwickelnden Nachbarschaft dienen.
Die Intentionen des Masterplans erfüllte das Projekt von Bogenfeld Architektur mit der nötigen Bebauungsdichte und -höhe, Freiräumen, Durchwegungen und Erd­geschoßhöhen außergewöhnlich. Die prägende Idee des Siegerprojekts war, den öffentlichen Stadtraum als eine Art „Freiluft-Wohnzimmer“ zu verstehen. Diese Projekt­charakteristik wird durch eine raumlebendige Abfolge von Gassen-Platzräumen-Hofpassagen gebildet, die zeitgemäße Beziehungsnähen anbieten. Diese Art von gefassten, den menschlichen Körper und seine Bewegungsgeschwindigkeit begleitenden, teilweise höhengestuften Baukörpern entwickelt – anders als die raum­offene, fließende Moderne – eine beson­dere Raumnischenkultur der Auseinandersetzung und Begegnung, beina­he im Sinne historischer singulärer Altstadtqualitäten.

Rund um die Bebauung gibt es Grün­flächen, die im Gegensatz dazu eine fließend offene Struktur des Weiten ent­wickeln. Den finanziellen Rahmen für die 300 Miet­wohnungen des ersten von mehreren ­Baufeldern gab die Tiroler Wohnbau­förderung vor. Jeder Bauteil und jede Wohnung sind unterschiedlich. Jede Wohnung hat einen anderen Blick, anderes Licht, andere Außenräume. Gemeinschaftsräume und private Innenhöfe ermöglichen neue Formen des Zusammenlebens, des Wohnens und Arbeitens. Die Binnenraumabfolge unterstützt ein Zueinander einer urbanen Identität und kann Aufenthalts- und Treffpunktqualitäten für Bewohner und Passanten anbieten. Die Verteilungen der Erdgeschoßnutzung beleben als Mischung von soziokultureller und kommerzieller Nutzung die sonst vorherrschenden Hauseingänge. Hier kann man autofrei spielen und feiern, flanieren und den Alltag genießen. Durchgänge, Passagen oder Durchblicke bieten eine abwechslungsreiche Ereignishaftigkeit und die kleinräumige Vernetzung mit der Umgebung. Das Projekt zeichnet sich durch seine menschlichen Dimensionen und ungewöhnlichen Raumabfolgen im Kontext von Tageslicht- und Schatten­spielen aus. 

Projekt
Ein neues Stück Stadt. Quartiersentwicklung, Campagne Reichenau, Baufeld 1, Radetzkystraße 43, 6020 Innsbruck

Bauherren
IIG – Innsbrucker Immobiliengesellschaft
NHT – Neue Heimat Tirol, Innsbruck

Architektur
Bogenfeld Architektur ZT GmbH, Linz

Landschaftsplanung
Carla Lo Landschaftsarchitektur, Wien

Tragwerksplanung
ZSZ Ingenieure ZT GmbH, Innsbruck
DI Thomas Zoidl, DI Christian Zoidl

Bauphysik
Spektrum Bauphysik & Bauökologie GmbH, Dornbirn

Projektdaten
Grundstücksfläche: 11.650 m²
Bebaute Fläche: 5.050 m²
Nutzfläche: 22.415 m²
Bruttogeschoßfläche: 32.299 m²

Projektablauf
Wettbewerb 06/2017
Planungsbeginn 05/2017
Baubeginn 11/2019
Fertigstellung 06/2022

Materialien
Außenwände: Stahlbeton (Ing. Hans Bodner Baugesellschaft)
Fassade: Betonfertigteile (Kurz Fertigteilbau)
WDVS (Sto)
Wellenblechfassade gelocht (Alois Perwein GmbH)
Wärmedämmung: Polystyrol-Hartschaum-Dämmplatte (EPS-F), Mineralwolle-Dämmplatten, Fassadendämmplatten Fixrock 035
Innenwände: Stahlbeton / Trockenbau (Die Trockenbauer
Stöckl & Nocker GmbH)
Fenster: Kunststoff (Spechtenhauser Holz- und Glasbau GmbH)
Stahl- und Aluminiumportale (Stahl- und Metallbau Hörburger)
Wohnungseingangs- und Innentüren: Huter & Söhne GmbH
Bodenbeläge innen: Fertigparkett, Eiche Riemen (Landrichtinger GmbH)
Terrazzoplatten (Das Steinprojekt GmbH)
Beläge außen: Granitpflaster und geschliffener Betonasphalt (PORR Bau)
Aufzug: Schindler

Wettbewerbsdokumentation
ARCHITEKTURJOURNAL / WETTBEWERBE
4/2017 (333)  

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