Zwischen April und September 2016 entwickelten die Büros Futura Frosch mit MET-Architektur, Lainer & Partner mit Spath sowie Mutschlechner mit Stadtlabor einen kooperativen Masterplan für das Campagne-Areal im Innsbrucker Stadtteil Reichenau. Die Stadt Innsbruck lobte daraufhin im Jahr 2017 mit der IIG (Innsbrucker Immobilien GmbH) und dem Wohnbauträger NHT (Neue Heimat Tirol) einen offenen, europaweiten Architekturwettbewerb aus, den Bogenfeld Architektur gewannen.
Der Masterplan schlug kompakte, plastisch geformte Stadtkörper mit spezifisch geformten öffentlichen Zwischen- und Freiräumen vor, die durch den Architekturwettbewerb in Raumorganisation und Raummilieus differenziert wurden. Das überhohe Erdgeschoß sollte nutzungsoffen einem belebenden Austausch einer zu entwickelnden Nachbarschaft dienen.
Die Intentionen des Masterplans erfüllte das Projekt von Bogenfeld Architektur mit der nötigen Bebauungsdichte und -höhe, Freiräumen, Durchwegungen und Erdgeschoßhöhen außergewöhnlich. Die prägende Idee des Siegerprojekts war, den öffentlichen Stadtraum als eine Art „Freiluft-Wohnzimmer“ zu verstehen. Diese Projektcharakteristik wird durch eine raumlebendige Abfolge von Gassen-Platzräumen-Hofpassagen gebildet, die zeitgemäße Beziehungsnähen anbieten. Diese Art von gefassten, den menschlichen Körper und seine Bewegungsgeschwindigkeit begleitenden, teilweise höhengestuften Baukörpern entwickelt – anders als die raumoffene, fließende Moderne – eine besondere Raumnischenkultur der Auseinandersetzung und Begegnung, beinahe im Sinne historischer singulärer Altstadtqualitäten.
Lebendiges Freiluft-Wohnzimmer
Quartiersentwicklung Campagne Reichenau, Baufeld 1, Innsbruck / Bogenfeld Architektur
Rund um die Bebauung gibt es Grünflächen, die im Gegensatz dazu eine fließend offene Struktur des Weiten entwickeln. Den finanziellen Rahmen für die 300 Mietwohnungen des ersten von mehreren Baufeldern gab die Tiroler Wohnbauförderung vor. Jeder Bauteil und jede Wohnung sind unterschiedlich. Jede Wohnung hat einen anderen Blick, anderes Licht, andere Außenräume. Gemeinschaftsräume und private Innenhöfe ermöglichen neue Formen des Zusammenlebens, des Wohnens und Arbeitens. Die Binnenraumabfolge unterstützt ein Zueinander einer urbanen Identität und kann Aufenthalts- und Treffpunktqualitäten für Bewohner und Passanten anbieten. Die Verteilungen der Erdgeschoßnutzung beleben als Mischung von soziokultureller und kommerzieller Nutzung die sonst vorherrschenden Hauseingänge. Hier kann man autofrei spielen und feiern, flanieren und den Alltag genießen. Durchgänge, Passagen oder Durchblicke bieten eine abwechslungsreiche Ereignishaftigkeit und die kleinräumige Vernetzung mit der Umgebung. Das Projekt zeichnet sich durch seine menschlichen Dimensionen und ungewöhnlichen Raumabfolgen im Kontext von Tageslicht- und Schattenspielen aus.
Projekt
Ein neues Stück Stadt. Quartiersentwicklung, Campagne Reichenau, Baufeld 1, Radetzkystraße 43, 6020 Innsbruck
Bauherren
IIG – Innsbrucker Immobiliengesellschaft
NHT – Neue Heimat Tirol, Innsbruck
Architektur
Bogenfeld Architektur ZT GmbH, Linz
Landschaftsplanung
Carla Lo Landschaftsarchitektur, Wien
Tragwerksplanung
ZSZ Ingenieure ZT GmbH, Innsbruck
DI Thomas Zoidl, DI Christian Zoidl
Bauphysik
Spektrum Bauphysik & Bauökologie GmbH, Dornbirn
Projektdaten
Grundstücksfläche: 11.650 m²
Bebaute Fläche: 5.050 m²
Nutzfläche: 22.415 m²
Bruttogeschoßfläche: 32.299 m²
Projektablauf
Wettbewerb 06/2017
Planungsbeginn 05/2017
Baubeginn 11/2019
Fertigstellung 06/2022
Materialien
Außenwände: Stahlbeton (Ing. Hans Bodner Baugesellschaft)
Fassade: Betonfertigteile (Kurz Fertigteilbau)
WDVS (Sto)
Wellenblechfassade gelocht (Alois Perwein GmbH)
Wärmedämmung: Polystyrol-Hartschaum-Dämmplatte (EPS-F), Mineralwolle-Dämmplatten, Fassadendämmplatten Fixrock 035
Innenwände: Stahlbeton / Trockenbau (Die Trockenbauer
Stöckl & Nocker GmbH)
Fenster: Kunststoff (Spechtenhauser Holz- und Glasbau GmbH)
Stahl- und Aluminiumportale (Stahl- und Metallbau Hörburger)
Wohnungseingangs- und Innentüren: Huter & Söhne GmbH
Bodenbeläge innen: Fertigparkett, Eiche Riemen (Landrichtinger GmbH)
Terrazzoplatten (Das Steinprojekt GmbH)
Beläge außen: Granitpflaster und geschliffener Betonasphalt (PORR Bau)
Aufzug: Schindler
Wettbewerbsdokumentation
ARCHITEKTURJOURNAL / WETTBEWERBE
4/2017 (333)
Der Artikel als PDF
- Drei Flächen, eine Mission
- Architekt DI Heinz Anglberger