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Momentaufnahmen der Glückseligkeit

© Monika Nguyen
Zeitlos, grenzenlos. Im Scheiblhofer Resort zeigt Architekt Arkan Zeytinoglu die Schönheit der Übergänge.
© Monika Nguyen

Es ist die Erholungsphase nach einer Nachdenkpause: Der globale Tourismus hat wieder Fahrt aufgenommen und befindet sich im Aufwind. So hat auch die Hotelbranche den heiß ersehnten Schwung bekommen und zu den alten, bekannten kommen neue, heraus­fordernde Aufgaben dazu. Denn der Gast per se hat sich verändert.

von: Barbara Jahn

Was früher klar war, ist heute ein Frage­zeichen. Der Stammgast ist zu einer eher seltenen Spezies geworden, dafür wächst die Gruppe der Entdecker. Langfristiges Planen ist schon lange nicht mehr möglich, dafür kann man sich als Hotelier positiv überraschen lassen. Unerwartetes Schönes ist wohl die größte Gemeinsamkeit, die dieser dann mit seinen Gästen teilen kann. Und doch gibt es einen wichtigen Anknüpfungspunkt: Urlaub bedeutet für viele, Lebens­zeit so qualitätsvoll wie möglich zu verbringen, Augenblicke zu genießen und Kraft zu tanken. Da sind zeitlich getaktete Tage und räumliche Grenzen wenig vorteilhaft, um dieses Ziel zu erreichen. Gegen Letzteres können Architekten jedoch aktiv etwas tun, und so werden Landschaften und Gebäude eng miteinander verwoben, Orte mit Sehnsüchten verknüpft und Bedürfnisse und Wünsche behutsam auf das gelenkt, was vorhanden ist und mit woraus vollen Händen geschöpft werden kann.

Im Wein wohnen
Ein Beispiel ist das Resort Scheiblhofer im burgenländischen Andau, das Architekt Arkan Zeytinoglu im Auftrag von Weinbauer Erich Scheiblhofer als zurückhaltenden, lang gezogenen Baukörper, versteckt hinter Weinreben, in den Grünraum integriert hat. „Wir haben für den Entwurf die Bautypologie des typischen burgenländischen Angers aufgenommen“, erklärt Zeytinoglu das Konzept. „Der Anger dient nicht nur als Metapher für zeitgenössische Architektur, sondern ist vielmehr funktionierender Hotel­organismus und wird im Resort zu einem lebendigen Dorfplatz.“ Dieser, grün gestaltet und mit lebendigen, natürlichen Materialien und Oberflächen ausgestattet, geht in eine Terrasse mit vorgelagertem Naturteich über. Fenster, Schlitze und Einschnitte im Baukörper machen das Innen und Außen von überall erlebbar. Dabei überraschen immer wieder ungewöhnliche, großzügige Raumhöhen, Sichtachsen und Perspektiven. Vertikale Holzwände geben den Ton der Fassaden an, alternierend mit großzügigen Glasflächen in den Loggien. Raumhohe Glas-Holz-Portale lassen in den Zimmern ebenso wie im Restaurantbereich viel Natur herein.

Auf den Kopf stellen
Das Spiel mit den Horizonten aufgenommen hat noa*, das bei einer weiteren Ausbaustufe des Hubertus den bestehenden Pool als Inspirationsquelle ins Visier nahm. Ziel war es, gestalterisch das zu materialisieren, was sich auf der Wasseroberfläche des Pools spiegelt. Das Abtauchen für den Gast wird hier sprichwörtlich umgesetzt, ein Eintauchen und Hineinkippen in Wasser und Berge, wo man nichts spürt als sich selbst. Vom Einrahmen des alpinen Kulturerbes verstehen auch MoDus Architects einiges, wie sie mit der hölzernen Kolonnade des Hotels Icaro unter Beweis stellen. Vor der beeindruckenden Kulisse der Dolomiten verschmelzen Kunst, Design und Architektur miteinander: Die einstige einfache Berghütte mit der neuen verästelten Lärchenholzhaut verwächst mit dem Hochplateau der Seiser Alm und vermittelt ein Gefühl der Entdeckung und der Freiheit.

In die Röhre schauen
Schauplatzwechsel nach Japan, wo Architekt und Designer Oki Sato, bekannt als Nendo, in Nagano ein Gebäude für die Archivierung von Möbeln, Produkten und Kunstwerken mit angeschlossenem Gästehaus realisiert. Mitten in einem dichten Rotkiefernwald, durch den sich kleine Bäche schlängeln, entstand eine tunnelförmige Architektur durch eine Kombination aus Fertigteil- und Spannbetonbauweise als Ort für absolute Ruhe und Kontemplation, die wie gemacht ist für Eremiten auf Zeit. Das Gebäude, das kein klassischer Beherbergungsbetrieb ist, besteht aus vier über­einanderliegenden „Tunneln“, deren Mitte überdacht ist. Neben einem langen, schmalen Lagerraum mit einer Tiefe von etwa 40 Metern gibt es zwei kleinere Lagerräume, aber es ist vorgesehen, dass in Zukunft weitere Räume hinzukommen, wenn die Sammlung wächst. Die Küche, das Bad, die Toilette und andere sanitäre Einrichtungen sind im ersten Stock untergebracht, während sich im zweiten Stock ein kompaktes Schlafzimmer und ein Arbeitszimmer be­finden. Um den Raumfluss zwischen innen und außen nicht zu unterbrechen, wurden die Fenster so weit wie möglich ohne Metallrahmen hergestellt, und das hochtransparente Glas mit einer Länge von bis zu zehn Metern in den Nuten befestigt. Der teilweise mit Harz gehärtete Kies und die Bepflanzung, die im Außenbereich verwendet wurden, wurden auch im Innenbereich angeordnet, um die äußere Umgebung in den Innenraum zu holen. Auch Türgriffe wären eine Unterbrechung gewesen, so wurde ein eigener Griff entworfen, der sich in dem kleinen Spalt zwischen Tür und Wand versteckt. Sogar die Badewanne ist in den Boden eingelassen, so dass die Wasser­oberfläche mit dem Boden fluchtet und der Eindruck entsteht, dass die Tunnelform durchgängig ist. 

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