368 Architektur Wettbewerbe
© Matej Meza, ZMT
Modell des Siegerprojekts
© Matej Meza, ZMT

Neubau Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung, Bremen

Das 1991 in Bremen gegründete und ansässige Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) ist mit der Erforschung tropischer Küstenökosysteme und ihrer Bedeutung für Natur und Mensch deutschlandweit einzigartig. Der Neubau eines Institutsgebäudes soll zur Abdeckung dringend benötigter zusätzlicher Büro-, Labor- und Lagerkapazitäten und zur Zusammenführung der bisher auf insgesamt fünf Standorte verteilten Mitarbeitenden an einen Standort realisiert werden.

Um eine Anbindung und den Austausch mit der Universität Bremen aufrechtzuerhalten, wünschen die Freie Hansestadt Bremen und der Bund, dass der geplante Neubau in räumlicher Nähe zur Universität Bremen auf dem Campusgelände realisiert wird. Das Gesamtbudget der geplanten Baumaßnahme beträgt 34,8 Millionen Euro.

Ausloberin
Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) GmbH Fahrenheitstraße 6, 28359 Bremen (D)

Verfahrensbetreuung
Architekten FSB, Bremen
Michael Frenz, Architekt BDA
GHB Rechtsanwälte, Bremen
Christine Vöhringer-Gampper
Dr. Martin Vogelsang

Art des Wettbewerbs
nicht offenes Verfahren
lt. § 16 Vergabeverordnung

Teilnehmer (auf 12 begrenzt)
• agn Niederberghaus & Partner GmbH
• Fritsch Tschaidse Architekten GmbH
• Glass Kramer Löbbert Ges. v. ArchitektenmbH
• gmp International GmbH
• Haslob Kruse und Partner, Architekten
• Heinle Wischer und Partner Freie Architekten
• ingenhoven architects
• Nickl Architekten Deutschland GmbH
• Rosengart + Partner BDA
• Staab Architekten GmbH
• SWAP Architektur ZT GmbH
• wulf architekten gmbh

Preisgerichtssitzung
17.11.2022

Preisgericht
Fachpreisrichter:

Prof. Dr. Volker Droste, Architekt
Prof. Hilde Léon, Architektin
Prof. Katja-Annika Pahl, Architektin
Prof. Dr. Iris Reuther, Senatsbaudirektorin der Freien Hansestadt Bremen
Birgit Westphal, Architektin

Sachpreisrichter:
Prof. Dr. Raimund Bleischwitz, wissenschaftlicher Geschäftsführer des ZMT
Dr. Susann Cordes, Leiterin des Baureferates bei der Senatorin für Wissenschaft und Häfen
Dr. Nicolas Dittert, kaufmännischer Geschäftsführer des ZMT
Dr. Gerd Kraus, Institutsleitung des Thünen-Instituts für Seefischerei

Preisgelder
1. Preis: € 35.000,–
2. Preis: € 26.000,–
3. Preis: € 20.000,– (jeweils zuzüglich USt.)

Forschung durch Kooperation und Partnerschaft

Das Wiener Büro SWAP Architektur wird für 160 Mitarbeitende des renommierten Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung (ZMT) in Bremen ein neues Gebäude mit modernen Laborkapazitäten realisieren.

In einem europaweit ausgeschriebenen Architekturwettbewerb für das neue Büro- und Laborgebäude des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung (ZMT) in Bremen haben sich SWAP Architektur aus Wien durchgesetzt. Die Herausforderungen waren groß: Das 1991 gegründete Forschungsinstitut hat in der internationalen Wissenschaftslandschaft kontinuierlich an Bedeutung gewonnen. Längst gehört es weltweit zu den Top-Instituten im Bereich Meeresforschung und beschäftigt rund 160 Mitarbeitende – derzeit verteilt auf insgesamt fünf Standorte. Um zukünftig alle Beschäftigten an einem Standort zu vereinen, musste ein multifunktionales Gebäude mit adäquater Infrastruktur, Ausstattung und Versorgung sowie moderner Technik für ein Forschungsinstitut entworfen werden.

Ort für internationale Wissenschaft

Das ZMT erforscht tropische Küstenökosysteme in Partnerschaft mit Instituten und Forschenden vor Ort. Dabei geht es unter anderem um ein besseres Verständnis mariner Lebensräume wie Korallenriffe oder Mangrovenwälder, aber auch um Klein- fischerei, Artenvielfalt und den nachhaltigen Schutz der Lebensgrundlage für die lokale Bevölkerung. Die Auswirkungen von Klimawandel oder Küstenverschmutzung spielen bei den wissenschaftlichen Studien eine zentrale Rolle ebenso wie die Forschung an Lösungen in den Bereichen „Blue Carbon“ oder „Blue Economy“.

Das Forschungsinstitut koordiniert und realisiert von seinem Sitz in der norddeutschen Hansestadt Bremen weltweite interdisziplinäre Forschungs- und Partnerschaftsprojekte. Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit liegt in Ausbildung und Lehre zur Entwicklung wissenschaftlicher Kapazitäten in Deutschland und in tropischen Partnerländern. Promovierende und Forschende aus aller Welt gehen am ZMT also ein und aus.

Exzellente Arbeitsumgebung

Die Vielseitigkeit des Forschungsinstituts verlangt eine vielschichtige Arbeitsumgebung. Forschungslabore im Bereich Chemie, Biologie und Geologie sind ebenso notwendig wie Aquarienanlagen für aufwendige Experimente in Meerwasserumgebung. Tagungs- und Begegnungsräume, hochwertige Kommunikationstechnik und flexible Bürokapazitäten für die Forschungsaufenthalte internationaler Gäste zählen zu den Anforderungen an den Neubau.

Das Gebäude muss barrierefrei sein, Perspektiven für den Ausbau aufweisen und Räume bereitstellen, die wandelbar und flexibel nutzbar sind. Sie müssen nicht nur dem interdisziplinären und kooperativen Ansatz des ZMT in seiner wissenschaftlichen Arbeit gerecht werden, sondern auch einer modernen Arbeitswelt, in der Möglichkeiten zum kreativen Austausch genauso wie zum konzentrierten Arbeiten zum Standard gehören.

Nachhaltigkeit und Klimaschutz

Als Forschungsinstitut, das sich unter anderem mit den Auswirkungen des Klimawandels in tropischen Küstengebieten beschäftigt, stellt das ZMT zudem hohe Ansprüche an die eigene Klimaneutralität. Nachhaltigkeit und Klimaschutz sollen nicht nur den Bau, sondern auch den Betrieb des neuen Gebäudes im Bremer Stadtteil Horn-Lehe prägen. Der Entwurf von SWAP Architektur aus Wien erfüllt diese hohen Ansprüche des ZMT. Er überzeugt mit einer Gebäudekonstruktion in Holzhybridbauweise und kluger Gliederung der einzelnen Funktionsbereiche von den Büroflächen über die Labore bis hin zu den Werkstätten.

Die von den Architekten gewählten Gestaltungselemente verleihen dem neuen Haus im Technologiepark außerdem einen eigenständigen Auftritt, der sich zugleich in den städtebaulichen Kontext des Quartiers integriert. Damit passt auch hier die Gestaltung zum Anspruch des ZMT auf herausragende Forschung durch Kooperation und Partnerschaft.

Nähere Informationen zum Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung gibt es hier.


1. Preis
Projekt 1008

SWAP ARCHITEKTUR ZT GMBH

Projektbeurteilung

Die Arbeit überzeugt auf mehreren Ebenen: innere Organisation, räumliche Umsetzung, städtebauliche Haltung und Baukörpergestaltung. Die auf gleicher Ebene und und in unmittelbarer Nähe zu den Büroflächen liegenden Labore haben einen großen Vorteil für die innere Kommunikation mit der Konsequenz der überhohen Bürogeschoße. Die Stapelung der Labore über drei Ebenen mit direktem Anschluss an die darüber liegende Technikzentrale ist ideal in ihrer Kompaktheit und begünstigt die direkte vertikale Verbindung, ohne andere Nutzungseinheiten zu tangieren. Die Eingangshalle liegt städtebaulich sehr gut an der Ecke zum Campus und überzeugt mit dem direkten Anschluss an die zusammenlegbaren und gut proportierten Seminarräume, der breiten Treppe mit den integrierten Sitzstufen und dem anschließenden Luftraum. Die direkt angrenzende Meerwasserversuchsanlage (MAREE) hat eine gute Lage in direkter Sichtbeziehung zur Eingangshalle, sodass wie vorgeschlagen die Aquarien von der Halle aus einsehbar sind. In dem Zusammenhang ist die Lage des Gewächshauses über der MAREE im Dach positiv zu erwähnen.

Alle drei Geschoße sind über eine offene Treppe verbunden, die durch das zenitale natürliche Licht gut ausgeleuchtet ist, was dem ganzen Institut einen offenen Charakter beschert. Allerdings muss die Dimension dieses offenen, über alle Geschoße gehenden Luftraumes intensiv geprüft werden, vor allen Dingen unter dem Gesichtspunkt des Brandschutzes. Dazu gehört auch die Prüfung der Konstruktion und der Oberflächen aus Holz. Eine Abtrennung ist textlich angekündigt, aber gestalterisch nicht umgesetzt.

Insgesamt ist es ein kompaktes, differenziertes Gebäude, was auch durch die positiven Kennwerte (NF/BGF, BGF und BRI) sichtbar wird. Die Präsenz am Ort und der Hauptzugang im Gegenüber der Konrad-Zuse-Straße sind gut gewählt. Der abgetrennte Betriebshof wird von den Nutzern begrüßt. Dabei bleibt offen, ob er nicht stärker gestalterisch ins Gesamtkonzept integriert sein sollte. Insbesondere im Modell 1:500 ist die Idee des Hauses mit der bewegten Dachlandschaft der Sheddächer und dem Unterschnitt am Haupteingang zur Nordseite überzeugend. Leider ist das in der Ansicht und insbesondere in der Außenperspektive nicht mehr spürbar. Die Frage stellt sich hier, ob der Holzbau im Erdgeschoß und überhaupt in der gesamten Fassade auch aus betriebswirtschaftlichen Gründen nicht kontraproduktiv ist. Dennoch wird die konstruktive Idee, eine Holzhybridbauweise anzubieten, positiv bewertet. Die Ausbildung der Sheddächer ist ein positives gestalterisches Element, wenn es denn auch mit der inneren Struktur übereinstimmt. Hier liegt Verbesserungsbedarf.

Die Urheberrechte für die Pläne und Renderings liegen – wenn nicht anders angegeben – bei den Verfassern.

Nachhaltigkeit

Mit dem Gebäudeentwurf wird ein schlüssiges Energieversorgungskonzept entwickelt, das zudem die Möglichkeit zur Kühlung des Gebäudes über Lüftungsanlagen einbindet. Auffällig ist die Dachform, die mit den nach Süden orientierten Sheddächern gestaltet ist und PV-Flächen bietet. Leider wird durch die Dachform eine Eigenverschattung verursacht und somit das Solarpotenzial in den Tiefpunkten reduziert. In den Fassaden werden durch die Überhöhung teilweise sehr hohe Glasanteile erzeugt, die für den sommerlichen Wärmeschutz problematisch werden können. Zudem ist es nicht möglich, auf den Dachschrägen Grünflächen an- zulegen. Eine Rückhaltung von Regenwasser ist somit in diesem Bereich nicht möglich. 

Dem Holzhybridbau fehlen Speichermassen, die im Sommer insbesondere bei hohen Temperaturen im Außenbereich eine Pufferwirkung auf die Raumtemperatur entwickeln würden. Der sommerliche Wärmeschutz ist daher im Weitern besonders zu entwickeln. Vielfältige Aufenthaltsangebote im Gebäude und in den Außenanlagen runden das insgesamt nachhaltige Konzept ab.

SWAP ARCHITEKTUR

SWAP Architektur ist ein international tätiges Büro mit Sitz in Wien, das sich durch nachhaltige, ressourcenschonende Architektur mit einem Schwerpunkt auf Holz als Baustoff auszeichnet. Das Team rund um die Partner Christoph Falkner, Rainer Maria Fröhlich, Thomas Grasl und Georg Unterhohenwarter widmet sich Projekten in den Bereichen Gesundheit, Labor, Büro, Bildung und Wohnen. SWAP hat den Anspruch, langlebige, nachhaltige und qualitätsvolle Gebäude zu entwickeln. Im Mittelpunkt steht der Mensch, der den Raum erlebt und definiert.

Unsere Architektursprache ...
... ist großzügig, transparent, offen für Veränderungen. Bei der Entwicklung des Konzeptes stehen immer der Ort und die Bedürfnisse der Nutzer im Fokus.

Von Wert ist für uns ...
... ein verantwortungsvoller Umgang mit unserer Umwelt und den uns nur begrenzt zur Verfügung stehenden Ressourcen. Im Mittelpunkt steht immer der Mensch, der den Raum erlebt, belebt und definiert:
„Der Raum bin ich“

Wettbewerbe ...
... sind wichtig, um die möglichst beste Lösung für eine Bauaufgabe zu finden. Wir verstehen Wettbewerbe als Entwicklungslabore, wo wir unsereIdeenpräsentierenkönnen.

Wettbewerbsgewinne (Auszug):
• Ilse Wallentin Haus der Universität für Bodenkultur, Wien (2017)
• Bezirkshauptmannschaftamtsgebäude Salzburg Umgebung, Seekirchen (2020)
• Chemical Invention Factory, Berlin (2020)

Wien
gegründet 2008
architektur.swap-zt.com