Portraits

Stadtsoziologe Mike Davis 1946–2022

© versobooks.com
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Am 25. Oktober 2022 starb Mike Davis in San Diego, Kalifornien.

Der in einem Vorort von Los Angeles geborene amerikanische Soziologe und Historiker beschrieb in seinem 1990 erschienenen Buch „City of Quartz. Ausgrabungen der Zukunft in Los Angeles“ die aus seiner Sicht negativen Entwicklungen der Millionenmetropole – die Ausbeutung der Natur, die Privatisierung des öffentlichen Raums, die Umverteilung öffent­licher Mittel nach oben, die sich auch in der Architektur zeigten: „Die schicken, pseudoöffentlichen Räume von heute sind voll unsichtbarer Zeichen, die den anderen aus der Unterschicht zum Gehen auffordern. Architekturkritikern entgeht zwar meist, ­­wie die gebaute Umwelt zur Segregation beiträgt, aber die Parias – arme Latinofamilien, junge schwarze Männer oder obdachlose alte Frauen – verstehen ihre Bedeutung sofort.“
Der bekennende Kommunist Davis prägte den Begriff „Los Angeles School of Urbanism“ und wurde dieser zugerechnet, äußerte sich ihr gegenüber aber auch kritisch. Seine jüngeren Veröffentlichungen beschäftigen sich mit der Entstehung von Slums und vergessenen großen Hungersnöten. Im 2006 erschienenen Buch „Planet of Slums“ konstatierte Davis eine Wende der menschlichen Siedlungsgeschichte. Denn erstmals übersteige der Anteil der Stadt­bevölkerung den der Landbevölkerung und nie zuvor seien so viele Menschen gezwungen gewesen, ihr Überleben in Armut, ohne Toiletten, ohne Gesundheits- oder Sozialversorgung zu organisieren. Die Mega­slums des Südens seien Ausdruck einer ungleichen und instabilen urbanen Welt. Im Dezember 2008 wurde Mike Davis mit dem in jenem Jahr erstmals verliehenen Kulturpreis der Münchener Universitäts­gesellschaft ausgezeichnet. 

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