Aus der von der Stadt Wien gewünschten Übersiedlung des ORF in das Media Quarter St. Marx ist bekanntlich nichts geworden. Stattdessen hatte sich der Stiftungsrat von Österreichs öffentlich-rechtlicher TV-Anstalt im Jahr 2014 für eine Zusammenlegung aller Wiener ORF-Standorte am Küniglberg entschieden. Neben einer Bestandssanierung des von Roland Rainer geplanten, 1976 fertiggestellten ORF-Zentrums sollten die Redaktionen von Radio, Fernsehen und Online in einem neuen, multimedialen Newsroom gemeinsam „Content“ produzieren können. Protest gegen die Übersiedlung kam von den im Funkhaus in der Argentinierstraße untergebrachten Radiosendern Ö1 und FM4.
Dreiteilung des Baukörpers
Eine adäquate Ergänzung zu Rainers Ikone der österreichischen Nachkriegsarchitektur zu entwerfen war keine leichte Aufgabe. 13 von 15 aus den Bewerbungen für den anonymen Realisierungswettbewerb ausgewählten Architekturbüros hatten Projekte abgegeben, gewonnen hatte im Oktober 2014 das Wiener Architekturbüro Riepl Kaufmann Bammer mit einem zurückhaltenden Entwurf, der laut Juryurteil selbstbewusst darauf verzichtete, den Rainer-Bau übertrumpfen zu wollen. Der im Dezember 2021 fertiggestellte, Ende Juni 2022 – acht Jahre nach dem Wettbewerb – in Betrieb gegangene Mediencampus umfasst die Bauteile Multimedialer Newsroom (MMNR) und die Redaktionsbereiche der Fachressorts sowie die Radiosender Ö3 und Ö1. Ursprünglich als zusätzliche Erweiterung angedacht, wurde der neue Baukörper wegen der fehlenden Umwidmung dort errichtet, wo bis 2019 die Werkstättenhalle stand. Das Gebäude überspannt die darunterliegenden Geschoße der bestehenden Lager und Tiefgaragengeschoße. Das Hauptgebäude ist um einen langen, zentralen Hof angeordnet. Ein gemeinsamer Haupterschließungsweg knüpft an das bestehende Stockwerksystem an und ist ein wesentliches Verbindungsglied. Die vorgehängte glatte Fassade aus Aluminium-Verbundplatten und Glas – in diesem Fall fixe, zweischichtige Verbundfenster mit integriertem Sonnenschutz – demonstriert Transparenz. Das fünfgeschoßige Gebäude gliedert sich in einen Sockel, eine transparente Hauptebene und zwei darüberliegende Redaktionsebenen. Durch diese – von der Jury in ihrer Beurteilung gegenüber dem Entwurf stärker geforderte – Dreiteilung wird die Maßstäblichkeit reduziert, der Baukörper wirkt sachlich, klar und elegant.