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Zaha darf das

Nun hat sie also aufgegeben. „Wir sind enttäuscht, dass wir den in zwei Jahren Arbeit und Investitionen entstandenen Entwurf für ein neues japanisches Nationalstadion nicht mehr in einem neuen Wettbewerb weiterentwickeln können“, lässt Zaha Hadid verlautbaren. Grund für die Frustration des britisch-irakischen Popstars der globalen Architektur: Sie fand kein Bauunternehmen, das sie als Partner ins Boot hätte holen müssen, um antreten zu können.

Das Projekt stand von Anfang an unter keinem guten Stern: Zwar hatte sie den ersten Wettbewerb aus 45 Einreichungen gewonnen, der Entwurf wurde aber in den sozialen Netzen hämisch bis polemisch kommentiert. Dann explodierten die Projektkalkulationen aufgrund steigender Preise um ein Vielfaches. Und nachdem sich eine Riege prominenter japanischer Architekten, darunter Toyo Ito, Kengo Kuma, Fumihiko Maki und Sou Fujimoto, ebenfalls mit Kritik am Entwurf meldeten, zog der japanische Premier die Notbremse und stoppte das Verfahren.

Mit Kritik muss sich die „ungekrönte Königin der ikonischen Architektur“ auch an anderen Fronten auseinandersetzen. Und sie reagiert zunehmend unwirsch darauf. Angesprochen auf die jeden sozialen Standards spottenden Arbeitsbedingungen und behauptete Todesfälle von Arbeitern auf der Baustelle ihres Stadions in Katar meinte sie, als Architektin nicht für die Rechte der Arbeiter verantwortlich zu sein. Und sie brach ein Interview im britischen Radio ab, weil sie sich missinterpretiert fühlte.

Sogenannte „Stararchitekten“ wie Zaha Hadid polarisieren und können auch mal ungemütlich werden, wenn sie sich kritischen Fragen stellen müssen, wofür auch Frank Gehry und sein berühmt gewordener Mittelfinger Zeugnis ablegen. Museen, Modehäuser und auch Investoren nehmen das offenbar gerne in Kauf. Denn auch schlechte Publicity ist besser als gar keine, und der Celebrity-Faktor garantiert mediale Aufmerksamkeit, für die man sonst Unsummen ausgeben müsste.

Die Celebrities wissen das. „Stars zeichnen sich dadurch aus, dass man bereit ist, ihnen Sachen zu verzeihen, die man anderen übel nimmt“, sagt der Berliner Architekturpsychologe Riklef Rambow über das nicht nur in der Architektur bekannte Phänomen. In unserer Titelgeschichte geht Wojciech Czaja der Frage nach, ob sich der Star-Rummel für den Bauherrn wirklich immer rentiert. Ohne das Ende vorwegnehmen zu wollen: Nicht immer, aber meistens. Beispiele dafür, wie zwanghafter Drang nach klingenden Architektennamen auch ins Auge gehen kann, finden sich unter anderem auch in Wien.