370 Architektur
© Expressiv, Wien
Der Um- und Zubau der Rudolf-Steiner-Schule in Wien wird 2024 abgeschlossen sein. Blick hofseitig
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Aus alt wird neu

Zwei Schauplätze, ein Thema, ein Architekturbüro: Dietrich | Untertrifaller kennen sich mit modernen Zubauten zu veralteten Schulgebäuden aus. Die Rudolf-Steiner-Schule und auch die Volksschule Christian-Bucher-Gasse in Wien mussten auf den heutigen Stand der Pädagogik gebracht werden.

von: Redaktion

Reichlich Erfahrung mit dem Thema Schulbau hat das Vorarl­berger Architekturbüro Dietrich | Untertrifaller. Aktuelles Projekt ist der Um- und Neubau der Rudolf-Steiner-Schule im Maurer Schlössl in Wien,  Österreichs älteste Waldorfschule. Die Unterstufe und der Hort sind in einem umgebauten Herrenhaus untergebracht, das die Anforderungen an einen zeitgemäßen Schulbetrieb nicht mehr erfüllen kann: schlechte Bausubstanz, zu wenig und zu kleine Klassenzimmer, keine Turnhalle. 2014 wurde daher ein Ideenwettbewerb zum Aus- und Neubau der Grundschule ausgeschrieben, den die Arbeitsgemeinschaft Dietrich | Untertrifaller mit Andreas Breuss gewann.

2022 begann der Neubau, der sich harmonisch mit dem historischen Bestand verbindet. Auf starke Brüche zwischen Alt und Neu wird verzichtet. Der Großteil des Um- und Zubaus konzentriert sich auf die südliche, der Straße abgewandte Seite. Der Charakter des straßenseitigen Bestandes, der unter Ensembleschutz steht, bleibt erhalten und wird optisch aufgewertet. Die flexible Raumkonzeption schafft ein kreatives Lernumfeld mit einem Maximum an variablen Funktionen und Anwendungen: Lern-, Spiel-, Sozial- oder Werkstattzonen können frei gestaltet und den jeweiligen Bedürfnissen angepasst werden. Die Aula, der Speisesaal mit Gartenorientierung, der mit Tageslicht versorgte Turnsaal, der Hort, der Kindergarten und der Dachgarten bilden die Hauptelemente des klar strukturierten Raumprogramms. Der Eingang der Schule wurde vom Hof an die Westseite verlegt. Foyer, Kindergarten und Speisesaal samt Schulküche liegen im Erdgeschoß des Altbaus, darüber befinden sich Sonderunterrichtsräume und Lehrerzimmer sowie im 2. Obergeschoß ein Eurythmiesaal. Der Neubau wird in Holzbauweise aus Rippen- und Hohlkasten­elementen errichtet, mit natürlichen Dämmstoffen wie Stroh, Holz oder Hanf als Wärmeschutz. Der Innenausbau wird mit Lehmbauplatten und verputzten Lehmoberflächen umgesetzt. Für die Lehmoberflächen wird das Aushubmaterial vor Ort verwendet. Die Holzbauelemente können wieder rückgebaut und recycelt werden. Ziel ist es, einen weitestgehend chemiefreien Innenraum zu schaffen.

Die Erwachsenen von morgen

Um die Schaffung von „Atmosphären für die Erwachsenen von morgen“ ging es im Beitrag von Dietrich | Untertrifaller für die diesjährige Biennale in Pisa. Das Architekturteam präsentierte dort unter anderem die Volksschule Christian-Bucher-Gasse in Wien. Der 2018 fertiggestellte Zubau verbindet den Bestand aus den 1950er Jahren mit einem harmonischen, funktionalen Schulkomplex mit einem großen, geschützten Innenhof. Durch den Bau von 17 zusätzlichen Klassenräumen, einer Turnhalle, eines Gymnastiksaals, Freizeitklassen, Medien- und Werkräumen sowie einer Mensa konnte die Schülerzahl um ein Drittel auf 425 Kinder erhöht werden. Als einer der ersten Schulbauten in Wien wurde der Neubau überwiegend aus Holz gebaut. Die Fassade ist mit horizontal und vertikal verlegten Fichtenholzlamellen und breiten Fensterbändern abwechslungsreich strukturiert. Die großzügigen Verglasungen im Erdgeschoß bringen Tageslicht ins Innere und verleihen dem kompakten Baukörper Leichtigkeit und Transparenz. Das begrünte Flachdach reduziert die Wärmeabstrahlung. Der Zugang zur Schule erfolgt über den Nordtrakt, der im Erdgeschoss Verwaltungsräume und Garderoben beherbergt, darüber liegen die neue zweigeschoßige Turnhalle und der Gymnastiksaal. Diese Positionierung ermöglicht im Erdgeschoss eine übersichtliche, ringförmige Erschließung, die Bestand und Neubauten barrierefrei verbindet. Nach Osten kragt der Gymnastiksaal über den Vorplatz aus und überdacht den Eingang.