Die Wahlen der Ziviltechnikerkammer 2022 fanden in einer Zeit großer Herausforderungen statt, wie in einem öffentlichen Briefing im Mai zu lesen war: Gesellschaftliche Veränderungen und die Auswirkungen der Coronapandemie, die vor allem im Bausektor spürbar waren, dazu noch der Krieg in der Ukraine, zeigten einmal mehr, wie wichtig Transparenz und Demokratie in selbstständigen Berufsvertretungen sind.
Ein grundsätzliches Ziel der Kammer besteht im Interessenausgleich innerhalb der Berufsgruppen. Allen Ziviltechnikern, von Einzelunternehmern bis zu großen international agierenden Büros, bietet sich die Möglichkeit, mitzuwirken und an der Agenda der Kammer teilzunehmen. Dies macht einen großen Unterschied für einzelne Mitglieder, die sonst allein auf weiter Flur stehen würden. „Gäbe es die Kammern nicht, würde an deren Stelle das angelsächsische Lobbyingsystem treten, das lediglich die finanzstärkeren Mitglieder bevorzugt“, heißt es im Schreiben. Und tatsächlich sind immer stärkere Tendenzen in eine Richtung zu beobachten, die von finanziellen Richtlinien geprägt sind und die Generalunternehmer bei Bauprojekten bevorzugen.
Initiativen
Ein kleiner unvollständiger Rückblick auf die vergangenen vier Jahre zeigt, welche Initiativen die Kammer in Gang gebracht hat. Die Kammer der österreichischen Ziviltechniker ist offizieller Partner und Teilnehmer des EU-weiten Programms „Neues Europäisches Bauhaus“, das den europäischen Green Deal und verstärkten Klimaschutz in der bebauten Umwelt verankert und attraktive, nachhaltige und inklusive Lebensräume fördert. Dies bringt viel Verantwortung und Umdenken mit sich, zu denen man sich mit der Teilnahme verpflichtet. Dem zügellosen Bodenversiegeln kann damit Einhalt geboten werden.
Im April ist die neue Wettbewerbs- und Vergabeplattform für Ziviltechniker online gegangen. Sie wurde aus den bestehenden Seiten architekturwettbewerb.at und bestevergabe.at weiterentwickelt und optisch sowie technisch klarer gestaltet. Durch die technischen Neuerungen entstand eine Schnittstelle zu Open Data und dadurch eine automatische, österreichweite Erfassung der Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich. Damit besteht nun eine gemeinsame Bewertungs-Onlineplattform für die Vergaben von Dienstleistungen für Ziviltechniker. Das Konzept der Seite architekturwettbewerb.at wurde auch für Ingenieurdienstleistungen umgesetzt. Mit dem Launch der beiden Websites wird die sektionsübergreifende Zusammenarbeit der Kammer gestärkt.
Die Ziviltechnikerkammer hat ein BIM-Handbuch erstellt, das die Implementierung im eigenen Büro begleitet und zudem detailreiche Informationen zu grundsätzlichen Fragen zu diesem System zur Verfügung stellt. BIM-gestützte Planung und Projektabwicklung wird in Ausschreibungen immer häufiger verlangt. Digitale Einreichungen sollen BIM-basiert erfolgen. Das in Kooperation mit Uni Graz und WKO erarbeitete Handbuch wurde Ende Juni präsentiert und steht unter bimhandbuch.at zum Download zur Verfügung.
Digitalisierung
Von welchen Themen die kommende Funktionsperiode geprägt sein wird, hat mit aktuell anstehenden Projekten zu tun. Internationale und interregionale Kooperationen gehören ebenso dazu wie eine Ausweitung der Tätigkeiten von Gestaltungsbeiräten und ein konsequentes Vorgehen gegen genderbedingte Unterschiede in der Vergütung von Leistungen. Einige Aufgaben folgen aus der Fortführung bestehender Projekte – ein starker Akzent wird auf der Digitalisierung des Einreichungswesens liegen. Das ZT-Archiv gehört als praktisches Instrument zur Abwicklung von Verfahren für Ziviltechniker. Es wird seit 2008 im Auftrag der Republik als hoheitliches elektronisches Urkundenarchiv durch die die Bundeskammer geführt und spielt eine wichtige Rolle in der Digitalisierungsstrategie.