Forum Architektur

Internationale Aufbruchsstimmung trifft nationales Desinteresse

21. Internationale Passivhaustagung: Netzwerken im Naturhistorischen Museum

Das war die 21. Internationale Passivhaustagung in Wien.

von: Doris Österreicher, Martin Treberspurg

1.200 Besucher aus 60 Nationen, mehr Architekten aus Kanada als aus Wien haben an der 21. Internationalen Passivhaustagung in Wien Ende April teilgenommen. Obwohl dort die Energiepreise noch wesentlich niedriger als bei uns sind und das Passivhaus (PH) unter den extremen kanadischen Umweltbedingungen (-30°C im Winter, +30°C im Sommer) höchste Wohnqualität und eine zukunftssichere nachhaltige Investition garantiert, die unseren ethischen Verpflichtungen gegenüber den nächsten Generationen entspricht.

Die Themenpalette der zweitägigen Konferenz war denkbar breit angesetzt. Unterschiedliche Gebäudetypologien wie Wohngebäude und Zweckbauten wurden ebenso beleuchtet wie verschiedene Klimazonen. Erstmals wurde auch ein gezielter Fokus auf Hochhäuser gelegt. Letzteres wohl auch mit dem Ziel, das PH aus der Ecke der Einfamilienhäuser zu holen. Obwohl es schon zahlreiche umgesetzte Beispiele von teils großvolumigen Zweckbauten gibt, ist eine vielfach verbreitete Assoziation des PH noch immer mit dem Wohnhaus verbunden.

Vor einigen Monaten haben wir an dieser Stelle über das PH als ein Baustein am Weg zur Erreichung der Klimaziele geschrieben und dargelegt, dass diese Bauweise fit für die Zukunft ist. Aber ist dies auch außerhalb des Zirkels derer ein Thema, die sich nicht schon seit vielen Jahren mit diesem Konzept beschäftigen?

Architektur und Passivhaus?

Nationale und internationale Vorträge haben sich auf der Tagung mit teils spezifischen Fragestellungen zu Lüftung, Dämmung und Wärmebrücken beschäftigt. Verbesserungen in den bau- und systemtechnischen Details haben in den letzten Jahrzehnten zu einer substanziellen Erhöhung der Qualität der PH geführt, aber vor allem hochwertige Baukomponenten wie z.B. PH-Fenster erschwinglich gemacht. Davon konnte man sich auf der Tagung ein gutes Bild machen.

Technische Detaillösungen und innovative Komponenten überzeugen die Praktiker, doch die zukunftsweisenden Designs sind teilweise noch Ausnahmeerscheinungen. Städtebauliche Gesamtlösungen, die Verknüpfung unterschiedlicher Gebäude, die „Smart Buildings“ der Zukunft, die über die urbane Morphologie schon in einem frühen Planungsstadium die Grundlage für die Reduktion der fossilen Energie darstellen – Themen die noch wenig in diesem Kontext beleuchtet werden. Zwischen der Architektur und dem PH besteht in diesem Bereich noch immer ein Spannungsfeld. Die breite Masse der Architekturschaffenden trifft man auf dieser sehr guten, aber stark technisch etablierten Tagung nur vereinzelt an. Österreichische Architekten, die auf jahrelange positive Erfahrung und auch gestalterisch höchst qualitätsvolle Gebäude verweisen können, waren in Vorträgen vertreten und wurden bei den gut besuchten Exkursionen zu Wiener PH am dritten Tag gezeigt.

Planerforum.Architektur

Der Versuch, gezielt Architekten und Planer für das Thema des nachhaltigen Bauens zu begeistern, hat in einem Side-Event zur Passivhaustagung gemündet, das speziell planungsrelevante Aspekte in den Fokus gestellt hat: Am Tag vor der Tagung wurde im Kuppelsaal der TU-Wien das Planerforum.Architektur gemeinsam von der TU-Wien, der BOKU und dem PHI veranstaltet. Ein Versuch, architektonisch herausragende Ideen und Lösungen vorzustellen und damit vor allem eine Planungs-Klientel zu erreichen, die Baukultur als ebenso essenziellen Bestandteil der Nachhaltigkeit betrachtet wie energieeffizientes Design.

Letztendlich ist nachhaltiges Bauen schließlich nicht nur energieeffizientes Bauen, sondern besticht durch Lösungen, die einer hohen architektonischen und bautechnischen Qualität entsprechen. Energie ist ebenso wie Statik, Funktion oder Design ein integraler Bestandteil der Architektur. Die architektonische Qualität ist dann gegeben, wenn diese Aspekte ein in sich harmonisches Resultat hervorbringen.

In diesem Sinne soll diese Rückschau auch eine Vorschau sein: auf das nächste Planerforum.Architektur am 3. Mai 2018 im Kuppelsaal der TU Wien. Wir freuen uns wieder auf herausragende Beispiele. Denn gute Architektur ist nachhaltig und zukunftssicher.

 

 

Autoren:
Arch. DI Dr. Doris Österreicher
Univ. Prof. arch. DI Dr. Martin Treberspurg

Universität für Bodenkultur Wien, Department für Bautechnik und Naturgefahren; Ressourcenorientiertes Bauen