345 Wettbewerbe realisiert Projekte

Verwebt mit der Nachbarschaft

© Bruno Klomfar
Zwei unterschiedlich große Baukörper sind in spitzem Winkel zueinander angeordnet.
© Bruno Klomfar

Generationen: Wohnen Donaustadt – Hirschstettner Straße, Wien // Dietrich | Untertrifaller Architekten

Generationen: Wohnen in Wien Favoriten, Währing und Donaustadt – unter diesem Titel hatte die Stadt Wien im Jahr 2015 Bauträgerwettbewerbe für zwei Bauplätze im Sonnwendviertel und je einen Bauplatz auf der Pötzleinsdorfer Höhe und in der Hirschstettner Straße ausgeschrieben. Ziel war die Realisierung von kostengünstigen, qualitätsvollen, innovativen und ökologischen Wohnbauten mit je einem Drittel Anteil an SMART-Wohnungen. Bauträger und Architekten mussten in der ersten Wettbewerbsstufe Konzepte erarbeiten, wie generationenübergreifendes und flexibles Wohnen realisiert werden kann und wie Kooperationen mit sozialen Einrichtungen im Bereich des Generationenwohnens umzusetzen sind.

Offen verankert
„Offen verankert“ nannte sich das Siegerprojekt der Architekten Helmut Dietrich und Much Untertrifaller und des Wohnbauträgers Heimbau am Bauplatz in der Donaustadt. Das Grundstück mit einer Größe von rund 6600 Quadratmetern wird im Norden durch die Ostbahn und im Südwesten durch die Hirschstettner Straße begrenzt. Im Südosten des Bauplatzes befindet sich das Bundesgymnasium Contiweg, im Südwesten Einfamilienhäuser und Klein­garten­siedlungen, nördlich der Bahnstrecke Wohnhausanlagen. Der Schwerpunkt des Konzeptes an dieser Schnittstelle zweier sehr unterschiedlicher städtischer Strukturen liegt auf der Bildung einer aktiven Nachbarschaft, die soziale Kontakte und niederschwellige Hilfe ermöglichen soll.

Ensemblebildung
Das Projekt besteht aus zwei unterschiedlich großen Baukörpern, die in spitzem Winkel zueinander angeordnet sind. Der kleinere der beiden Baukörper liegt parallel zur benachbarten Schule, so reagiert der Wohnbau auf das Schulgebäude und bildet mit diesem ein Ensemble. Die Jury des Bauträgerwettbewerbs unter dem Vorsitz des damaligen Wiener Planungsdirektors Kurt Puchinger lobte diese städtebaulich schlüssige Positionierung der beiden Baukörper, die für eine Verwebung mit der hetero­genen Nachbarschaft sorgt und keine „Gebäuderückseiten“ erzeugt. Dem Anspruch auf Nachbarschaftsbildung kommt die für gemeinschaftliche Nutzungen vorgesehene Erdgeschoßzone beider Bauteile mit den zum Park hin offenen Gemeinschaftsräumen ebenso entgegen wie das große, zentrale Atrium im größeren Bauteil mit diversen Aufenthaltszonen auf unterschiedlichen Ebenen. Im Atrium werden die Wohnungen von innen liegenden Laubengängen erschlossen, die durch Brücken in unterschiedlichen Positionen miteinander verbunden sind. Es entsteht ein Luftraum, der von oben durch ein verglastes Sheddach belichtet wird. Im kleineren Bauteil führt eine einläufige, zentral gelegene Stiege zu den Wohnungen. Der Boden im großen Bauteil wurde vom in Wien lebenden südamerikanischen Künstler Carlos Perez mit geometrischen Formen in leuchtenden, vielfältigen Farben zu einer Collage mit dem Namen „Der Ort des Wildes“ gestaltet.

Wellenbewegungen
Gewürdigt wurde von der Jury auch die Ausbildung der markanten, durchgehenden Loggienbänder mit den raumhohen Fenster­elementen. Die massive, nach außen geneigte und im Zickzack verlaufende Brüstung dient als Schallschutz für die Wohnungen und erzeugt gemeinsam mit den nach innen geneigten, öffenbaren Balkonverglasungen vertikale und horizontale Wellenbewegungen an der Fassade. Markant ist die braune Färbung und die mithilfe von Schalungsmatrizen reliefartige Gestaltung der Brüstungselemente aus Betonfertigteilen. Von den insgesamt 118 mit Holz-Alu-Fenstern und Laminatböden ausgestatteten Mietwohnungen in diesem Wohnbau be­finden sich zwei Drittel im größeren der beiden Baukörper. 40 Einheiten sind als SMART-Wohnungen ausgebildet, weiters gibt es ein Wohnheim für Jugendliche und ein Kindertagesheim. Heiztechnisch sind die Wohnungen mit Fernwärme versorgt und mit Abluftanlagen mit schallgedämmter Fassadennachströmung ausgestattet.

Projekt
Wohnen für Generationen – Hirschstettner Straße, Wien, Hirschstettner Straße 119, 1220 Wien

Bauherr
Heimbau Gemeinnützige Bau-, Wohnungs- und Siedlungsgenossenschaft, Wien

Architektur
Dietrich | Untertrifaller Architekten, Wien
Landschaftsplanung: Auböck+Kárász (Wien), auboeck-karasz.at

Statik
Raunicher+Partner, Wien

Projektdaten
Grundstücksfläche: 6600 m²
Bebaute Fläche:  2413 m²
Nutzfläche: 9492 m² Bruttogeschoßfläche: 13.289 m²
Wohnungsanzahl: 118 geförderte Wohnungen, davon 40 SMART-Wohnungen
Sonstige Einrichtungen: Fünfgruppiger Kindergarten, 69 Tiefgaragenplätze, Geschäfte

Projektablauf
Wettbewerb     10/2015 1. Stufe; 02/2016 2. Stufe
Baubeginn        04/2017
Fertigstellung     12/2018

Wettbewerbsdokumentation: ARCHITEKTURJOURNAL / WETTBEWERBE 2/2016 (325)

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